Die Zusammenhänge von Sprachgebrauch und Identität bei der ungarischen Diaspora in Kroatien

Autor/innen

  • Imre Gráfik

Abstract

Im Mittelpunkt dieser Studie steht die Frage, welche Zusammenhänge zwischen dem Sprachgebrauch und der nationalen/Nationalitätenidentität bei der ungarischen Diaspora in der erforschten Region zwischen der Drau und der Save in Kroatien in den 1990er Jahren unter den veränderten historischen, sozialen-wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen zu beobachten sind. Die Feldforschung wurde in den Jahren 1996 und 1997 in Velika Pisanica durchgeführt. Wir haben diejenigen Familien bzw. Personen aufgesucht, die sich bei der letzten offiziellen Volkszählung (im Jahre 1990) zur ungarischen Nation bzw. zur ungarischen Muttersprache bekannten, andererseits dieses bei den Wahlen im Jahre 1996 auch bekräftigten.
Bei der Erkundung bzw. Vermessung des ungarischen Nations-/Nationalitätenbewusstseins, der ethnischen Identität sowie der Wertordnung unserer Informanten haben wir die Fragen des Gebrauchs der Muttersprache besonders berücksichtigt. Wir versuchten alle möglichen Fälle, Handlungsweisen und -formen zu untersuchen, die mit dem Sprachgebrauch in irgendeiner Weise zusammenhängen könnten. Die Daten sammelten wir mit Hilfe eines aus zehn Themenkreisen bestehenden Fragebogens.
Die sich während der Erforschung der nationalen, Nationalitäten- und ethnischen Identität der in Velika Pisanica in Diaspora lebenden Ungarn sowie deren Verhältnisse zur Muttersprache und dem Sprachgebrauch ergebenden Folgerungen fassen wir im Folgenden zusammen.
Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der ungarische Sprachgebrauch stufenweise in den Hintergrund tritt; und damit vermindert sich auch das Ungarisch-Bewusstsein. Es kann jedoch nicht behauptet werden, dass der so genannte Sprachverlust gleichzeitig den Verlust der nationalen/Nationalitätenidentität bedeuten würde. Wir haben nunmehr festgestellt, dass gemäßigte bzw. verborgene Formen der Identität zu beobachten sind.
In Hinsicht auf den Gebrauch der ungarischen Sprache kann der häufige Sprachwechsel als eine endgültige Phase betrachtet werden und zeigt im Wesentlichen in die Richtung der vollständigen sprachlichen Assimilation. Der Sprachaustausch beinhaltet auch den Ethnikum- und Kulturwechsel. Unter den Bewegungskräften kann man auch den Gebrauch der in der Praxis geläufigeren kroatischen Sprache, die Ausbreitung und Verstärkung der staatsbürgerlichen Loyalität, die Wirkung der staatlichen, administrativen Maßnahmen entdecken, sowie die Tatsache, dass die individuellen und familiären Gesichtspunkte zur Durchsetzung der Interessen in den Vordergrund getreten sind.

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Veröffentlicht

2003-10-01

Zitationsvorschlag

Gráfik, I. (2003). Die Zusammenhänge von Sprachgebrauch und Identität bei der ungarischen Diaspora in Kroatien. Zeitschrift für Balkanologie, 39(2). Abgerufen von https://zeitschrift-fuer-balkanologie.de/index.php/zfb/article/view/11

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