Der montenegrinische "Pravopis" im Kontext des serbokroatischen Sprachenstreits
Schlagworte:
Sprache, SprachpolitikAbstract
Am 9. Juli 2009 erschien die vom montenegrinischen Kultusministerium in Auftrag gegebene verbindliche „Rechtschreibung der Montenegrinischen Sprache“ (Pravopis). Damit beschritt das letzte ehemalige Mitglied des serbokroatischen Sprachraums den Weg in die sprachliche Selbständigkeit. Über Sinn und Unsinn der Sprachseparation im zuvor serbokroatischen Sprachraum wird nicht erst seit der Kodifizierung des Montenegrinischen diskutiert. Seit mehr als 20 Jahren wird teils wissenschaftlich, teils emotional, für beziehungsweise gegen die Autonomie der Sprachen und deren nationale Glottonyme Bosnisch, Montenegrinisch, Kroatisch und Serbisch mit verschiedener Intensität und Erfolg eingetreten. Der Titel des vorliegenden Aufsatzes ‚Der montenegrinische „Pravopis“ im Kontext des serbokroatischen Sprachenstreits‘ macht deutlich, dass er nicht den Anspruch hat, einen der Flügel zu bestätigen oder zu widerlegen. Vielmehr möchte er anhand der Entstehungsgeschichte und des Wortlauts des „Pravopis“ untersuchen, wie der Pravopis im Kontext des serbokroatischen Sprachenstreits zu deuten ist. Entstand er aus einer wissenschaftlichen Notwendigkeit heraus oder ist er rein politisch motiviert?Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass sich eine eindeutige Bewertung des „Pravopis‘“ nicht vornehmen lässt. Die vorliegende Arbeit zeigt, dass der Pravopis nicht aus einer wissenschaftlichen Notwendigkeit heraus entstanden ist. Die politischen Rahmenbedingungen nahmen eine entscheidende Rolle ein. Die Statements seitens der teilnehmenden und leitenden Wissenschaftler, Politiker und Geistlichen zeigen Züge von radikaler Sprachpolitik. Die Standardisierung der montenegrinischen Sprache wurde nicht sprachwissenschaftlich gerechtfertigt, sondern als unumgängliche Notwendigkeit zum Schutze der montenegrinischen Kultur gegen die hegemonialen Bestrebungen Serbiens dargestellt. Alle anderen, dem Verfasser bekannten, staatlichen Stellen sowie Presseerzeugnisse tendieren zur alternativen Schreibweise und weichen vom „Pravopis“ ab. Dies lässt eine geringe Akzeptanz der Maßnahmen vermuten und deutet zunächst auf eine gemäßigte Sprachpolitik im Alltag hin.
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