Der deutsche Jugendstil und seine Reflexionen in der bulgarischen Literatur zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Zwei dichterische Wege: Teodor Trajanov und Emanuil Popdimitrov

Autor/innen

  • Bisera Dakova

Abstract

Die Abhandlung untersucht, inwieweit die Literaturbezeichnungen Symbolismus und Sezession gegenüber den jeweiligen Literaturerscheinungen korrekt verwendet werden, d.h. inwieweit sie verifizierbar sind und wie man in den letzten Jahren mit dem Gebrauch dieser Terminologie (durch ihre Verdrängung und ihre Etablierung) die Prozesse in der Literaturgeschichte manipuliert hat. So wird hier auch der Terminus Sezession behandelt – als ein sinnvolles Konzept für die bulgarische Dichtung zu Beginn des 20. Jahrhunderts, aber auch als eine fragwürdige Benennung der Phänomene in dieser Poesie. Aufgrund des Zweifels, ob der Begriff Sezession begründet in den literaturhistorischen Schriften der letzten Jahre gebraucht wird, ergibt sich der Versuch, seine „Realität“ nachzuweisen.
Aus diesem Grund wird hier die Dichtung von zwei repräsentativen Autoren – Teodor Trajanov und Emanuil Popdimitrov – herangezogen; von zwei Dichtern, die ganz unterschiedliche Wege zur Sezession und ihrer merkwürdigen Aura aufweisen. Trajanov hat sein Spätwerk (die Anthologie „Osvobodenijat čovek“, 1929) im Geiste der Sezession stilisiert, indem er seine früheren dekadent-resignativen Gedichte durch eine ultimativ-optimistische Weltvision revidiert hat – sie durch das Postulat des Aufbruchs und der ewigen Jugend ideologisch verhärtet hat. Popdimitrov hingegen hat eine Entwicklung von der chaotisch angehäuften Ornamentik seiner jugendlichen Gedichte zu der verlängerten und zu der wellenförmigen Darstellungslinie durchlebt. So hat er eine Dichtung der sezessionistischen Linie geschaffen, die nicht nur die markanten Gestalten des Jugendstils (Flügel, Haare, Kränze, Engel, Schwäne usw.) erzeugt, sondern auch einen bestimmten weltanschaulichen Effekt evoziert. In diesem Sinne, wenn Trajanov mit der Ideologie des Jugendstils verschwörerisch umgeht und sie in seiner Spätpoesie eingraviert und ausdrücklich hervorhebt, wirkt das Schaffen von Popdimitrov ab dem Jahre 1907 echt jugendstilhaft: durch ihre tief durchdachte Ornamentik, durch die zweidimensionalen Bilder, durch die Idee der Verwobenheit zwischen dem Ich und dem Weltall.

Autor/innen-Biografie

Bisera Dakova

Dozent Dokor für Philologie bei der Abteilung "Neuere und gegenwärtige bulgarische Literatur", Bulgarische Akademie der Wissenschaften, Sofia

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Veröffentlicht

2016-10-27

Zitationsvorschlag

Dakova, B. (2016). Der deutsche Jugendstil und seine Reflexionen in der bulgarischen Literatur zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Zwei dichterische Wege: Teodor Trajanov und Emanuil Popdimitrov. Zeitschrift für Balkanologie, 52(1). Abgerufen von https://zeitschrift-fuer-balkanologie.de/index.php/zfb/article/view/449

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