Rastko Petrović: „Gleiche, so Ungleiche mir“ – Brüder im Krieg
Abstract
Das Motiv des Brudermords und des Bürgerkriegs hat im Gedichtzyklus Tužbalice i balade (Klagen und Balladen), den Petrović hauptsächlich in seinen letzten Lebensjahren im amerikanischen Exil schreibt, eine konkrete biographische Grundlage: im Herbst 1944 kommt sein Neffe Sreten Luković, der Anhänger der serbischen faschistischen Ljotić-Bewegung ist, im Kampf gegen die Partisanen um. Doch das Motiv taucht nicht erst in diesem postum erschienenen Band auf, es ist in Petrovićs Schaffen omnipräsent: vom Gedichtband Otkrovenje (Offenbarung) über die Reiseprosa Afrika und Ljudi govore (Die Leute reden) bis zu Dan šesti (Der sechste Tag). Drei Texte stehen bei der Analyse des Motivs im Vordergrund: die Erzählung „Za kičevskoe, za makedonskoe“ („Für Kičevo, für Mazedonien“, 1921), der Roman Dan šesti (Der sechste Tag), dessen 1. Teil 1935 zum Druck vorliegt und dessen 2. Teil in den USA entsteht, und Klagen und Balladen. Hierbei zeigt sich, dass Petrović den Brudermord (als tragischste Manifestation der menschlichen Aggression) im Geiste der zyklischen Zeitvorstellung der Avantgarde deutet. Er verurteilt die kriegerische Aggression, sieht jedoch den Einzelnen letztlich ohnmächtig seiner menschlichen Natur ausgeliefert, die sich in einer jahrtausendealten Erziehung zum (männlichen) Helden niedergeschlagen hat. Insofern erscheint er als Gegenpol zu Miroslav Krleža, der den Krieg als Instrument imperialistischer und kapitalistischer Interessengruppen begreift, die erst in der klassenlosen Gesellschaft ihre Grundlage verlieren werden.
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