Kyrillomethodianisches Erbe bei den Slawen. Gemeinsames und Trennendes. Eine Zusammenschau

Autor/innen

  • Gabriella Schubert

Abstract

In diesem Beitrag wird der Versuch unternommen, eine Gesamtbewertung des kyrillomethodianischen Erbes bei den Slawen vorzunehmen. Anlass dafür war der eintausendeinhundertfünfzigste Jahrestag der Ankunft der Slawenapostel Kyrill und Method auf dem Territorium des Großmährischen Reiches im Jahre 2013: Die Brüder aus Thessaloniki kamen im Jahre 863 in dieses Gebiet, um unter den Mährern den christlichen Glauben in slawischer Liturgiesprache und auf der Grundlage eines eigenen Schriftsystems zu verbreiten.

Das Werk der Slawenapostel Kyrill und Method ist von weltgeschichtlicher Bedeutung. Ihre Ehrentitel „Lehrer und Apostel der Slaven“, „Patrone Europas“ verweisen auf nur einige Seiten ihres Bedeutungsspektrums, zu denen zahlreiche andere hinzukommen. Das kyrillomethodianische Erbe verbindet nicht nur alle Slawen, sondern über die Slawen hinaus alle Christen orthodoxen und katholischen Glaubens; mehr noch: es verbindet Europa. Zugleich sind in der Auslegung ihrer Mission auch Konstrukte und Mythen präsent. Mit der Realität haben diese nicht viel zu tun; sie trennen anstatt zu verbinden. Unabhängig davon gilt, dass die von Konstantin/Kyrill konzipierten Schriftzeichen der Glagolica für alle damaligen Slawen eine Sakralsprache und Sakralliteratur schufen. Es ist der Verdienst der von Kyrill und Method ausgebildeten Schüler, dass sich das kyrillomethodianische Werk durchsetzen und ausbreiten konnte. Die heutigen slawischen Sprachen, Schriften und Kulturen sind zwar nicht das unmittelbare Werk der beiden Slawenapostel, doch sind sie ohne sie völlig undenkbar. Vor allem darin besteht die weltgeschichtliche Bedeutung der Brüder.

Die hier vorgenommene Zusammenschau ist den Nachwirkungen der Tätigkeit von Kyrill und Method unter folgenden Gesichtspunkten gewidmet: 1. ihre christlich-kulturelle Bedeutung; 2. ihre ethnisch-nationale Vereinnahmung und 3. ihre slawistisch-wissenschaftliche Auslegung.

Autor/innen-Biografie

Gabriella Schubert

Wissenschaftlicher Werdegang

  • 1971-77 Studium der Slawistik und Balkanologie, FU Berlin; 1977 M.A.;
  • 1977-82 wissenschaftliche Assistentin, Abteilung Balkanologie des Osteuropa-Instituts der FU Berlin;
  • 1981 Promotion ebd. (Dissertation: Die ungarischen Lehnwörter im Serbokroatischen unter besonderer Berücksichtigung der Rückentlehnun­gen. Erschienen als Band 7 der „Balkanologischen Veröffentlichungen“, Berlin 1982);
  • 1982 Dissertations-Preis der Südosteuropagesellschaft;
  • 1991 Habilitation ebd. (Habilitationsschrift: Kleidung als Zeichen. Kopfbedeckungen im Donau-Balkan-Raum, erschienen als Band 20 der „Balkanologischen Veröf­fentlichungen“, Berlin 1993);
  • venia legendi und Lehrbefugnis für das Fach Balkanologie;
  • 1986-95 Akademische Rätin an der Abteilung Balkanologie,
  • ab 1993 kommissarische Leitung der Abteilung;
  • 1992 Gastprofessur an der Fakultät für Volkskunde der Eötvös-Universität Budapest;
  • Juli 1995 Ruf an die FSU Jena auf die Professur für Südslawistik;
  • neben Südslawistik Aufbau und seit WS 1997/98 Durchführung des interdis­zipli­nären Studiengangs „Südosteuropastudien“ sowie seit Oktober 2006 des von der DFG geförderten, insgesamt auf 9 Jahre konzipierten Graduiertenkol­legs „Kultu­relle Orientierungen und gesellschaftliche Ordnungsstrukturen in Südosteuropa“ an der FSU Jena.
  • Seit 2009 im Ruhestand, jedoch weitere Mitarbeit am obengenannten Graduiertenkolleg.
  • Über 200 Forschungsbeiträge zur Balkanologie, Südslawistik, Hungarologie und Kulturwissenschaft.

 

Mitgliedschaften, Auszeichnungen:

  • Auswärtiges Mitglied der Serbischen Akademie der Wissenschaften Belgrad; Auswärtiges Mitglied der Ungarischen Aka­demie der Wissenschaften Budapest;
  • Trägerin der Kon­stantin-Jireček-Medaille der Belgrader Universität;
  • Mitglied des Präsidiums der Südosteuropa-Gesellschaft;
  • Schriftführende Herausgeberin der „Zeitschrift für Balkanologie“ (Harrassowitz Verlag, Wies­baden);
  • Herausgeberin der Schriftenreihe Forschungen zu Südosteuropa. Sprache . Kultur . Lite­ratur. Harrassowitz Verlag Wiesbaden;
  • Mitherausgeberin der Publikationsreihe „Balkanologie – Sprachen und Kulturen“ (Wien)

 

Forschungsschwerpunkte:

  • Ethnologie und Folkloristik der Ethnien Südosteuropas;
  • Kultursemiotik; Identität und Abgrenzung im Donau-Balkan-Raum;
  • Das Eigene und das Fremde im Spiegel der Literatur;
  • Südslawische Erzähler der Gegenwart;
  • interethnische Kommunikation in Südosteuropa;
  • Kontaktlinguistik;
  • Sprache und Identität;
  • Deutsch-südslawische Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen;
  • Hungarologie;
  • Kulturgeschichte der Ungarn

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Veröffentlicht

2014-10-22

Zitationsvorschlag

Schubert, G. (2014). Kyrillomethodianisches Erbe bei den Slawen. Gemeinsames und Trennendes. Eine Zusammenschau. Zeitschrift für Balkanologie, 50(2). Abgerufen von https://zeitschrift-fuer-balkanologie.de/index.php/zfb/article/view/415

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