Zu den Vermittlungsformen von Folklore in den Kulturen Südosteuropas

Autor/innen

  • Gabriella Schubert

Abstract

Über lange Zeiten stand die mündlich tradierte Folklore im Mittelpunkt des Interesses und der Forschung der Folkloristen, obgleich Oralität spätestens im 20. Jahrhundert kaum noch die vorherrschende Kommunikationsform war und anderen Vermittlungsformen gewichen ist, die über Printmedien, Funk und Fernsehen zu digitalen Medien führten. Die wichtigsten Etappen dieser Entwicklung und ihre Auswirkungen werden in diesem Beitrag anhand von Beispielen beschrieben.
Erst ab den 1970er Jahren begannen Folkloristen damit, sich der Frage des Verhältnisses zwischen geschriebener Folklore und mündlicher Tradition zu widmen. Können niedergeschriebene Texte noch überhaupt als Folklore angesehen werden? Diese Fragestellung wurde bejaht: Die Verbindung zwischen mündlich dargebotener Literatur und aufgezeichnetem Text besteht fort; anhand der Wortwahl, der Metaphorik, der Erzähltechnik, der Kombination der Sujets und des Gebrauchs von Allgemeinplätzen können das verborgene Potential und die Schönheit der Improvisation nachempfunden werden.
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbreiteten sich neue Formen der Folklore, neben revolutionären Marschliedern und Partisanenliedern Erzähltexte der Stadtfolklore: Schwänke, Anekdoten und Witze. Viele von ihnen werden auch noch heute auf mündlichem Wege verbreitet.
Seit dem 20. Jahrhundert sind zu den schriftlichen Überlieferungsformen folkloristischen Schaffens neue Kommunikationsmittel: Presse, Rundfunk, Film und Fernsehen hinzugekommen, und gegenwärtig ist das Internet das zentrale Medium alltäglicher Kommunikation und alltäglichen Erzählens. Die Internet-Kommunikation stellt den Folkloristen vor neue Fragen und die Notwendigkeit, Formen und Ergebnisse der Vermittlung von Folklore über das Internet systematisch zu untersuchen.

Autor/innen-Biografie

Gabriella Schubert

Wissenschaftlicher Werdegang

  • 1971-77 Studium der Slawistik und Balkanologie, FU Berlin; 1977 M.A.;
  • 1977-82 wissenschaftliche Assistentin, Abteilung Balkanologie des Osteuropa-Instituts der FU Berlin;
  • 1981 Promotion ebd. (Dissertation: Die ungarischen Lehnwörter im Serbokroatischen unter besonderer Berücksichtigung der Rückentlehnun­gen. Erschienen als Band 7 der „Balkanologischen Veröffentlichungen“, Berlin 1982);
  • 1982 Dissertations-Preis der Südosteuropagesellschaft;
  • 1991 Habilitation ebd. (Habilitationsschrift: Kleidung als Zeichen. Kopfbedeckungen im Donau-Balkan-Raum, erschienen als Band 20 der „Balkanologischen Veröf­fentlichungen“, Berlin 1993);
  • venia legendi und Lehrbefugnis für das Fach Balkanologie;
  • 1986-95 Akademische Rätin an der Abteilung Balkanologie,
  • ab 1993 kommissarische Leitung der Abteilung;
  • 1992 Gastprofessur an der Fakultät für Volkskunde der Eötvös-Universität Budapest;
  • Juli 1995 Ruf an die FSU Jena auf die Professur für Südslawistik;
  • neben Südslawistik Aufbau und seit WS 1997/98 Durchführung des interdis­zipli­nären Studiengangs „Südosteuropastudien“ sowie seit Oktober 2006 des von der DFG geförderten, insgesamt auf 9 Jahre konzipierten Graduiertenkol­legs „Kultu­relle Orientierungen und gesellschaftliche Ordnungsstrukturen in Südosteuropa“ an der FSU Jena.
  • Seit 2009 im Ruhestand, jedoch weitere Mitarbeit am obengenannten Graduiertenkolleg.
  • Über 200 Forschungsbeiträge zur Balkanologie, Südslawistik, Hungarologie und Kulturwissenschaft.

 

Mitgliedschaften, Auszeichnungen:

  • Auswärtiges Mitglied der Serbischen Akademie der Wissenschaften Belgrad; Auswärtiges Mitglied der Ungarischen Aka­demie der Wissenschaften Budapest;
  • Trägerin der Kon­stantin-Jireček-Medaille der Belgrader Universität;
  • Mitglied des Präsidiums der Südosteuropa-Gesellschaft;
  • Schriftführende Herausgeberin der „Zeitschrift für Balkanologie“ (Harrassowitz Verlag, Wies­baden);
  • Herausgeberin der Schriftenreihe Forschungen zu Südosteuropa. Sprache . Kultur . Lite­ratur. Harrassowitz Verlag Wiesbaden;
  • Mitherausgeberin der Publikationsreihe „Balkanologie – Sprachen und Kulturen“ (Wien)

 

Forschungsschwerpunkte:

  • Ethnologie und Folkloristik der Ethnien Südosteuropas;
  • Kultursemiotik; Identität und Abgrenzung im Donau-Balkan-Raum;
  • Das Eigene und das Fremde im Spiegel der Literatur;
  • Südslawische Erzähler der Gegenwart;
  • interethnische Kommunikation in Südosteuropa;
  • Kontaktlinguistik;
  • Sprache und Identität;
  • Deutsch-südslawische Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen;
  • Hungarologie;
  • Kulturgeschichte der Ungarn

Veröffentlicht

2019-06-02

Zitationsvorschlag

Schubert, G. (2019). Zu den Vermittlungsformen von Folklore in den Kulturen Südosteuropas. Zeitschrift für Balkanologie, 54(2). Abgerufen von https://zeitschrift-fuer-balkanologie.de/index.php/zfb/article/view/558

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