Das Phänomen der "Diglossie" in der griechischen Schriftsprache. Ein historisch-kritischer Rückblick
Abstract
Die Zweisprachigkeit gehört zum Hauptmerkmal der Entwicklung der griechischen Schriftsprache. Sie lässt sich im sprachlich-historischen Sinne von der Zeit des Hellenismus bis zum Jahr der großen Sprachreform in Griechenland 1976 zurückverfolgen. Der Beitrag unterscheidet deutlich zwischen Zweisprachigkeit und Sprachproblem. Ist Zweisprachigkeit als ein Begleitphänomen sprachlicher Entwicklung aufzufassen, so ist letzteres ein Phänomen, das in enger Beziehung zum Nationsbildungsprozess in Griechenland steht. Aufgrund dieser Unterscheidung skizziert der Beitrag in einem ersten Teil die historische Entwicklung der griechischen Schriftsprache von der Antike bis zum Vorabend des nationalen Unabhängigkeitskampfes im Jahre 1821, wobei besonderes Augenmerk der Funktion des im Rahmen der Zweisprachigkeit herausgebildeten attischen Schreibidioms der byzantinischen und der nachfolgenden Zeit gilt. Der zweite Teil des Beitrags betrachtet sprachliche Fragen nach der Gründung des griechischen Staates 1832 vor dem Hintergrund der Herausbildung eines nationalen Selbstverständnisses und einer kulturellen Identität. Zum Mittelpunkt der Analyse über das Wechselverhältnis zwischen lingua und natio gehört insbesondere die soziale Funktion der sogenannten „Reinsprache“. Es wird dabei auf ihre Rolle als nationalbindendes Element sowie auf ihre Nähe zum griechischen Nationalismus und Irredentismus des 19. Jahrhunderts aufmerksam gemacht. Es wird diesbezüglich die These vertreten, dass die Etablierung der Reinsprache in der staatlichen Verwaltung und im Bildungssystem das Fehlen einer bürgerlichen Schicht durch die Schaffung einer sprachlichen „Aristokratie“ aufhob. Somit agierte sie als Legitimierungsinstanz für die gesellschaftliche Vormachtstellung bestimmter Schichten.Downloads
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