Sozial engagierte Filmkunst in den jugoslawischen Nachfolgestaaten
Abstract
In den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens wurde die historische Überlieferung abhängig von den jeweiligen politischen Machthabern. Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger Jahre waren die politischen Systeme von einer nationalistischen Agitation geprägt. Das ehemals glorifizierte Charakteristikum der Einheit und Brüderlichkeit der verschiedenen Völker und die über Jahrhunderte entstandene Symbiose der Völker und Kulturen, die seit je her das prägende Merkmal dieser Region waren, wichen schnell den neuen nationalen Ansprüchen. Bei der Verbreitung des neuen Gedankenguts erfreuten sich die Politiker einer großen Unterstützung der Geisteswissenschaftler. Die bis heute erfolgende akribische Forschung der Sprachwissenschaftler nach Eigenarten der verschiedenen Dialekte, um sie zu selbstständigen Sprachen zu erheben, zeugt davon, dass der Prozess der Separierung bis heute nicht abgeschlossen ist. Die Verbreitung des neuen Gedankenguts erfolgte über audiovisuelle Medien. Dazu zählte auch der Spielfilm, der aufgrund seiner gestalterischen Freiheiten über die größten Manipulationsmöglichkeiten verfügt. Der folgende Aufsatz beschäftigt sich mit der Frage, wie sich die Filmindustrie, die in der Lage ist, eine große Anzahl von Menschen zu erreichen, in diesem Zusammenhang positioniert hat. Welche Rolle nahmen die Filmschaffenden bei der sogenannten nationalen Selbstfindung ein? Sahen sie sich in der Verantwortung, die staatliche Indoktrination zu unterstützen oder steuerten sie gezielt dagegen an? Diese Frage wird auf zwei Ebenen betrachtet. Ein separater Blick auf die behandelnden Länder zeigt, dass ein direkter Vergleich zwischen den drei behandelten Ländern Kroatien, Serbien und Bosnien-Herzegowina aufgrund der verschiedenen Rahmenbedingungen nicht möglich ist. Die nähere Betrachtung der Thematisierungen des Films in den Ländern seit 1990 führte jedoch zum Ergebnis, dass ein allgemeines Bedürfnis der Filmschaffenden, trotz der äußerst schwierigen Rahmenbedingungen, die Bevölkerung bei der Aufarbeitung der Vergangenheit zu unterstützen, erkenntlich wurde.Sie beziehen sich dabei nicht nur auf die direkten kriegerischen Auseinandersetzungen, sondern vor allem auf deren Folgen in der Bevölkerung und den Nachkriegsgesellschaften. Die Mehrheit der Filmschaffenden hat frühzeitig erkannt, dass ein friedliches Miteinander zwischen den ehemaligen Kriegsparteien nur durch eine offene Auseinandersetzung mit ihrer gemeinsamen Geschichte möglich ist.
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