Ethnopolitische Großraumträume – Die Kultur- und Bildungspolitik des bulgarischen Staates im vardar-makedonischen Besatzungsgebiet 1941–1944
Abstract
In den Jahren nach den verheerenden Niederlagen 1913–1918 hatte das Kultur- und Bildungswesen in Bulgarien einen spürbaren Wandel erfahren. Mehr und mehr fanden nun in der Zwischenkriegszeit ethnopolitische Vorstellungen Eingang in die staatliche Schulpolitik. Dies beeinflusste zwangsläufig auch nachhaltig die bulgarische Anschlusspolitik der im 2. Weltkrieg besetzten makedonischen Territorien. Geprägt durch einen aggressiven Nationalismus erklärte der autoritäre Staat von Zar Boris III. Makedonien zu „befreiten Gebieten“, die nun endlich zu ihrem bulgarischen Mutterland „heimgeholt“ und von der „serbischen Fremdherrschaft“ erlöst wurden.Allerdings wurde schon nach kurzer Zeit eine deutliche Diskrepanz zwischen dem propagandistischen, nationalen Anspruch und der alltäglichen Realität erkennbar. So unterwarf das bulgarische Bildungsministerium die makedonischen Lehrkräfte, soweit sie überhaupt für die neu zu besetzenden Stellen in Betracht gezogen wurden, demütigenden Weiterbildungen in bulgarischer Sprache, Geographie und Kultur. Mit Nachdruck wurde zwar ein neuer Lehr- und Kulturbetrieb in den „befreiten Gebieten“ aufgebaut, dieser war jedoch der scharfen Kontrolle durch eine eigens gegründete Direktion für nationale Propaganda unterworfen. Über nationale Jugendorganisationen wurde versucht, Kinder und Jugendliche sowohl im Schul- als auch im Freizeitbereich einzubinden und im patriotisch-nationalen Sinne zu erziehen. Dabei blieb immer weniger Freiraum für autonome Strömungen und nichtstaatliches Engagement. Von der offiziellen Linie abweichende Vorstellungen wurden als staatsfeindlich eingestuft und bei einer zunehmenden Radikalisierung des politischen Klimas unnachgiebig verfolgt. Der dadurch entstehende Druck im kulturellen und schulischen Leben trieb letztlich in der Schlussphase des Krieges besonders Studierende, Schüler und Intellektuelle in den aktiven Widerstand gegen die bulgarischen „Befreier“.
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