Kirche ohne Schule. Schulzeit im Schulsystem der Deutschen Volksgruppe in Rumänien 1942–1944
Abstract
Der damals jugendliche Zeitzeuge fragt sich, ob die Generation der siebenbürgisch-sächsischen Eltern die nachwachsende Generation nicht stärker in ihre Zweifel, Distanz und Skepsis gegenüber dem Nationalsozialismus hätten einbeziehen müssen. Denn für sie gab es eine mentalitätsmäßig klare Trennlinie, an der sich die Geister schieden: Es war keine politische – denn die Hermeneutik des Einverständnisses mit dem Völkischen hatte generell zur familiär-kirchlichen Sozialisation gehört –, es war eine spirituelle Trennlinie. Gegen die Kasernenhofmentalität stand eine geistige Distanz kirchlich-altruistischer übernationaler Prägung. Dementsprechend konnte der Jugendliche alternative Konzepte und Haltungen in Gesprächen der Eltern mit Christen aus dem Deutschen Reich gespannt mitverfolgen und Kontrasterfahrungen registrieren.
Dennoch wundert ihn in der Rückschau, wie er – dem Nebel des Zeitgeistes ausgeliefert – die großen Lebenswidersprüche als Jugendlicher nicht bemerkte. Er war als Schüler und Mitglied der Deutschen Jugend dem Nationalsozialismus stärker ausgeliefert als die Eltern und belegt an Beispielen „das Durcheinander in unseren Köpfen“. Er war eigenem Geltungsbedürfnis, Instrumentalisierung, Militarisierung und Signalen von geistige Resistenz – also einer „Rivalität der Ansprüche“ – ausgesetzt; aber er kann sich nicht erinnern, von (den vorsichtigen Gegnern aus den Reihen der) Eltern oder Lehrer auf „Bedenkliches“ hingewiesen worden zu sein. Seine Generation war leicht zu manipulieren gewesen: eine Gleichschritt-Generation von ‚kleinen Nazis‘, was den Zeitzeugen im Nachhinein zu Scham und Trauer bewegt.
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