Zu Ungarns geopolitischer Selbstverortung in Europa
Abstract
Wo verorten sich Ungarns Bewohner geopolitisch in Europa? Diese und ähnliche Fragen beherrschen das ungarische geistige Leben seit Jahrhunderten, und die Suche nach einer Antwort auf diese Frage drängte sich insbesondere in Zeiten politischer Umbrüche in den Vordergrund. Sie hat am wenigsten etwas mit realen geographischen Gegebenheiten zu tun; vielmehr rekurriert sie auf eine mentale Kartierung, die sich in den Köpfen der Menschen abbildet und mit politischer, wirtschaftlicher und kultureller Potenz korrespondiert.Ungarn ist Bestandteil der westlichen Welt – dies ist die gegenwärtige offizielle Selbstzuordnung der Regierung Orbán, und die Begründung dafür ist so einfach wie plausibel: Ungarn ist seit der politischen Wende im Oktober 1989 eine demokratische Republik, seit 1999 Mitglied der NATO und seit 2004 Mitglied der Europäischen Union. In der ersten Hälfte des Jahres 2011 hatte Ungarn zudem die EU-Ratspräsidentschaft inne. Diese Selbstsicht steht jedoch am Ende einer Entwicklung, die nicht geradlinig verlief. Bis 1989 hat sich Ungarn als in der Mitte Europas deklarieren können, da es das westlichste nicht-kapitalistische Land war bzw. sich an der Grenze zwischen Sozialismus und Kapitalismus befand. Dennoch wechselte die Selbstpositionierung auch während des Sozialismus zwischen den Zuordnungen zu Mitteleuropa, Osteuropa, Ostmittel-Europa und Mittel-Osteuropa. Im 21. Jh. ist diese Selbstzuordnung aus ungarischer Sicht nicht mehr überzeugend: Die sowjetische Expansionspolitik habe keine Relevanz mehr; das Ziel sei ein vereintes Europa und mit dem Begriff „Mitteleuropa“ könne Ungarn keinen Prestige-Gewinn erzielen.
Downloads
Veröffentlicht
Zitationsvorschlag
Ausgabe
Rubrik
Lizenz
Mit Einreichung zur Veröffentlichung wird das Copyright für den jeweiligen Beitrag an den Harrassowitz Verlag / Zeitschrift für Balkanologie übertragen. Nach dem Erscheinen des Beitrags in der Zeitschrift für Balkanologie ist in Rücksprache mit der Redaktion und mit Hinweisen auf den Ort der Erstveröffentlichung eine Veröffentlichung an anderer Stelle möglich.
Es sollte sich bei eingereichten Beiträgen um Originalbeiträge handeln, die an keiner anderen Stelle in weitgehend gleicher Form oder mit weitgehend gleichen Inhalten veröffentlicht bzw. zur Veröffentlichung eingereicht wurden. Autor/innen müssen Sorge dafür tragen, dass sie das Copyright bzw. eine Nutzungslizenz für jegliches in einem Beitrag verwandte Material (z.B. Fotos) haben.