Vermittlung kultureller Spezifik. Kommentierung zur Übersetzung des Gorski vijenac durch Alois Schmaus

Autor/innen

  • Gabriella Schubert

Abstract

Der Beitrag widmet sich den Kommentaren, die Alois Schmaus seiner 1963 erschienen, in jeder Hinsicht herausragenden deutschen Übersetzung des Gorski vijenac von Petar II. Petrović Njegoš hinzugefügt hat. Es wird danach gefragt, auf welche Weise es Schmaus gelang, die im Original enthaltenen spezifischen kulturellen Begriffe und Zusammenhänge wie auch sprachlichen Besonderheiten dem deutschsprachlichen Leser näherzubringen.
Natürlich musste sich die Kom­mentierung einer Übersetzung unterscheiden von jener, die für den Leser des Originals be­stimmt war. Letzterem muss beispielsweise nicht erläutert werden, wer Marko Kraljević oder Miloš Obilić war, was unter dem Hauspatronenfest oder anderen Kulturbegriffen zu verstehen ist. Anders verhält es sich bei dem Leser einer Übersetzung. Ohne Kenntnis und adäquate Erläuterung der historischen Zusammenhänge, der Bedeutung und Position der handelnden Personen, der Denkweise des Autors und des dem Werk sowie der Zeit innewohnenden kul­turellen Hintergrundes kann er die in den Versen enthaltenen Botschaften weder verstehen, geschweige denn erspüren. Natürlich bediente sich auch Schmaus früherer Erläuterungen, doch bereicherte er sie in er­heblichem Maße durch neue Kommentare und Präzisierungen, in denen er seine gründliche Kenntnis der montenegrinischen Kultur und seine außergewöhnliche Sensibilität für sie unter Beweis stellt.
In dem dreiundvierzig­ Seiten umfassenden Kommentarteil werden die einzelnen Verse des Bergkranzes im Detail erläutert. Dabei geht Schmaus nicht nur auf die Inhalte der nummerierten und ins Deutsche über­setzten Verse, sondern auch auf deren Kotexte und Kontexte ein. Außerdem analysiert er ihre poetische Funktion und ihre Bedeutung für Njegošs philosophisches Konzept. Sprachliche und kulturelle Besonderheiten machen darin den größten Anteil aus. Ausführlicher beschreibt Schmaus Begriffe, die zur kulturellen Spezifik Montenegros gehören und die für das Ver­ständnis des Gesamtzusammenhanges und des kulturellen Hintergrundes des Werks in der deutschen Übersetzung unverzichtbar sind. Es sind Begriffe und Elemente 1. der Sozialkultur, 2. des Brauchtums, 3. der Glaubensvorstellungen und 4. der Folklore.

Autor/innen-Biografie

Gabriella Schubert

Wissenschaftlicher Werdegang

  • 1971-77 Studium der Slawistik und Balkanologie, FU Berlin; 1977 M.A.;
  • 1977-82 wissenschaftliche Assistentin, Abteilung Balkanologie des Osteuropa-Instituts der FU Berlin;
  • 1981 Promotion ebd. (Dissertation: Die ungarischen Lehnwörter im Serbokroatischen unter besonderer Berücksichtigung der Rückentlehnun­gen. Erschienen als Band 7 der „Balkanologischen Veröffentlichungen“, Berlin 1982);
  • 1982 Dissertations-Preis der Südosteuropagesellschaft;
  • 1991 Habilitation ebd. (Habilitationsschrift: Kleidung als Zeichen. Kopfbedeckungen im Donau-Balkan-Raum, erschienen als Band 20 der „Balkanologischen Veröf­fentlichungen“, Berlin 1993);
  • venia legendi und Lehrbefugnis für das Fach Balkanologie;
  • 1986-95 Akademische Rätin an der Abteilung Balkanologie,
  • ab 1993 kommissarische Leitung der Abteilung;
  • 1992 Gastprofessur an der Fakultät für Volkskunde der Eötvös-Universität Budapest;
  • Juli 1995 Ruf an die FSU Jena auf die Professur für Südslawistik;
  • neben Südslawistik Aufbau und seit WS 1997/98 Durchführung des interdis­zipli­nären Studiengangs „Südosteuropastudien“ sowie seit Oktober 2006 des von der DFG geförderten, insgesamt auf 9 Jahre konzipierten Graduiertenkol­legs „Kultu­relle Orientierungen und gesellschaftliche Ordnungsstrukturen in Südosteuropa“ an der FSU Jena.
  • Seit 2009 im Ruhestand, jedoch weitere Mitarbeit am obengenannten Graduiertenkolleg.
  • Über 200 Forschungsbeiträge zur Balkanologie, Südslawistik, Hungarologie und Kulturwissenschaft.

 

Mitgliedschaften, Auszeichnungen:

  • Auswärtiges Mitglied der Serbischen Akademie der Wissenschaften Belgrad; Auswärtiges Mitglied der Ungarischen Aka­demie der Wissenschaften Budapest;
  • Trägerin der Kon­stantin-Jireček-Medaille der Belgrader Universität;
  • Mitglied des Präsidiums der Südosteuropa-Gesellschaft;
  • Schriftführende Herausgeberin der „Zeitschrift für Balkanologie“ (Harrassowitz Verlag, Wies­baden);
  • Herausgeberin der Schriftenreihe Forschungen zu Südosteuropa. Sprache . Kultur . Lite­ratur. Harrassowitz Verlag Wiesbaden;
  • Mitherausgeberin der Publikationsreihe „Balkanologie – Sprachen und Kulturen“ (Wien)

 

Forschungsschwerpunkte:

  • Ethnologie und Folkloristik der Ethnien Südosteuropas;
  • Kultursemiotik; Identität und Abgrenzung im Donau-Balkan-Raum;
  • Das Eigene und das Fremde im Spiegel der Literatur;
  • Südslawische Erzähler der Gegenwart;
  • interethnische Kommunikation in Südosteuropa;
  • Kontaktlinguistik;
  • Sprache und Identität;
  • Deutsch-südslawische Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen;
  • Hungarologie;
  • Kulturgeschichte der Ungarn

Veröffentlicht

2017-07-14

Zitationsvorschlag

Schubert, G. (2017). Vermittlung kultureller Spezifik. Kommentierung zur Übersetzung des Gorski vijenac durch Alois Schmaus. Zeitschrift für Balkanologie, 53(1). Abgerufen von https://zeitschrift-fuer-balkanologie.de/index.php/zfb/article/view/514

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