Zwischen Literatur und Geschichte – Performative Materialität des Gewaltdiskurses: Darstellung des Islams in Ivo Andrićs Dissertation und in der Brücke
Schlagworte:
Andric, Islam, Gewaltdiskurs, Brückensymbolik, Dissertation, Literatur und Geschichte, TraumaAbstract
Der folgende Beitrag geht auf einige Aspekte der Darstellung des Islams in Andrić’ bekanntestem Roman Die Brücke ein. Entlang der Spur folkloristischer Motive aus demselben werden ihre Ursprünge zurückverfolgt, bis hin zu der Doktorarbeit von 1924, deren Veröffentlichung erst 1982 erfolgte. Der Ansatzpunkt ist komparatistisch, wobei der Argumentationsrahmen mit der Parallele zwischen Andrićs und Schillers Geschichtsverständnis abgesteckt wird. An der Schnittstelle dieser beiden, bei Schiller ist jenes mit der Jenaer Antrittsvorlesung aus 1789 gestiftet und bei Andrić mit dessen Nobelpreisrede von 1961, wird die Fragestellung aufgerollt, die sich aus der Aktualität der Kontoversen herleitet, welche Andrićs Werk zum jetzigen Zeitpunkt begleiten. Es handelt sich sowohl um einen Teil der bosniakischen Öffentlichkeit als auch um den wissenschaftlichen Diskurs, welcher an der Darstellung des Islams beim Autor Anstoß nimmt. Indem der Wahrheitsbegriff als solcher in den Fokus gerät, wird derselbe im Dazwischen moderner und postmoderner Perspektiven durchleuchtet, mit dem Ziel, seine Rolle innerhalb der Geschichtsschreibung auszuloten. Den Antagonismus vor Augen geführt zwischen dem Wahrheits- und dem Diskursbegriff Foucaults, der geschichtlichen Faktizität und deren kulturbedingter Auslegung (kulturphilosophischer Standpunkt), nimmt der Beitrag die Diskussion mit der entgegensetzten Position auf, um nach dem Warum zu fragen. Zentral für die Erörterung wird erstens die symbolische Figuration der Brücke, die sowohl im Roman als auch in der Realität in die Luft gejagt wird. Vor allem aber liegt der Akzent des Beitrags auf einem der Mittelpunkte von Andrićs Erzählung – der Pfählungsszene, die auf der Brücke stattfindet und durch die diskursiv vermittelte Körperlichkeit des Gepfählten, die Materialität des erfahrenen Gewaltdiskurses als Trauma an den Leser weitervermittelt. Der Beitrag verfolgt einerseits das Potenzial von fiktiven und nonfiktiven Darstellungsformen auf ein Wahrheitskonzept hin, das dem Nietzsches aus Über Wahrheit und Lüge in außermoralischem Sinne nahezustehen scheint, und analysiert andererseits jenen Teil von Andić Dissertation, der sich auf den Islam in Bosnien bezieht.
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